Alles beginnt damit, dass der englische König Edward dem Grafen Harold einen Auftrag erteilt. Dieser reitet daraufhin los …
Die Handlung
Nach einem Mahl auf seinem Landsitz sticht Harold in See. Im Norden der Normandie wird er festgenommen und an den normannischen Herzog übergeben: Wilhelm, genannt: der Bastard. Dieser nimmt Harold in sein Gefolge auf. Harold schwört ihm seine Treue, und kehrt daraufhin nach England zurück.
Als König Edward stirbt, wird Harold zum König gekrönt – und das, obwohl Wilhelm von König Edward zum Nachfolger bestimmt wurde (so die Normannen) und Harold ihm Treue geschworen hatte. Wilhelm lässt Boote bauen, wartet auf günstige Gezeiten, bis er mit seinen Schiffen in See sticht. In einer dramatischen Schlacht kämpfen Wilhelm und seine Männer gegen die schnurrbärtigen Engländer – und besiegen Harold und seine Männer. In der letzten Teppich-Szene fliehen die Engländer, Harold ist tot. Wilhelm (nun der Eroberer) wird zum englischen König gekrönt. Dargestellt ist das Happy End des Teppichs allerdings nicht – es bleibt ein Geheimnis, ob er unvollendet oder zerstört wurde.
Die Protagonisten
- Der Held: Wilhelm, Herzog der Normandie
- Gegen-Spieler: Graf Harold
- Weibliche Hauptrolle: Ist keine vergeben, die Geschichte läuft wohl parallel in einem anderen Programm
- Nebenfigur: König Edward, stirbt in Szene 28
- Zahlreiche Statisten: Soldaten, Köche, Musikanten, Geistliche, Schiffsbauer
Die Orte
- Westminster Abbey in London, gerade vollendet
- Der Palast von Rouen
- In der Normandie: Mont Saint Michel, Rennes und Bayeux
- Das Schloss von Hastings
- Der Ärmelkanal
Der Teppich von Bayeux in Zahlen und Bildern
Der Teppich von Bayeux als Animation
Von David Newton und Marc Sylvan (Musik und Sound Design).
Ein Projekt mit Studenten des Goldsmith College in London.
Und warum das Ganze?
Damalige Nutzung
Der Teppich von Bayeux wurde in seiner ganzen Länge wohl ab 1077 in der Kathedrale von Bayeux ausgestellt. Man stelle sich vor, welche Wirkung das fast 70 Meter lange „gestickte Comic“ für die Betrachter hatte.
Status, Überlegenheit und Macht wird durch den Inhalt demonstriert. Die kunstvolle Form dieser geschichtlichen Quelle zeigt Wohlstand, Kultur und Know-How. Soviel hochwertiger als eine Fotostrecke in unseren niveauvollsten Medien, aber fast so aktuell. Der Teppich entstand in nur zwei Jahren und zeigt spannende Details – die Bartstoppeln, die zeigen, dass die letzte Rasur eine Weile her ist. Die Keule, die Bischof Odon schwingt, weil ein Geistlicher ja kein Blut vergießen darf.
Das überaus Interessante ist die Wahl des Mediums: Geschichte wird hier nicht geschrieben, sondern gestickt. Dadurch erfahren wir Details, die kein Chronist je in Worte fasste. Bilder wirken. Vor allem in einer Zeit, in der fast nur Geistliche und Hof-Kanzleien schreiben und lesen konnten.
Ein Statussymbol erster Klasse – und durch seine Präsenz für Adel und Bevölkerung eine PR-Kampagne, die ihre Protagonisten überlebt hat.
Welche Fragen wir heute stellen können
Der Teppich von Bayeux ist die riesige Zeitleiste eines Großprojekts: In 58 Szenen wird geschildert, was alles geschehen musste, bis Wilhelm den englischen Thron besteigen konnte. Erfolge und Niederlagen, unterstützende Menschen und welche, die seine Ziele sabotierten, Schlüsselszenen, die sich dem Erfolgsziel einen Schritt nähern.
Übertragen wir den Teppich von Bayeux in unsere Zeit, lassen sich zahlreiche Parallelen feststellen. Stellen Sie sich vor, Ihr nächstes Projekt steht an. Am Ende des Projekts wird ein Teppich gestickt, der Ihr Projekt dokumentiert.
Hier sind einige Fragen, die Sie zu Ihrem Projekt-Teppich stellen könnten – spinnen Sie den Faden weiter?
- Planen Sie Ihr Projekt nur in Zahlen und Überschriften oder auch in Bildern?
- Welches ist die 1. Szene Ihres Teppichs? Und welches die letzte?
- Wo findet sich jede beteiligte Person wieder? Welche Personen tragen maßgeblich zum Gelingen Ihres Projekt bei?
- Planen Sie auch Szenen für Rückschläge ein?
- Verhandlungen, harte Arbeit, für etwas kämpfen, essen und feiern – hat alles Zeit und Raum?
Literatur
Zur aktuellen Forschung: Pierre Bouet/François Neveux/Préface de Sylvette Lemagnen: La Tapisserie de Bayeux. Révélations et mystères d´une broderie du Moyen Age. Rennes 2013.
Ein Klassiker mit großformatigen Abbildungen: David M. Wilson: Der Teppich von Bayeux. Englische Originalausgabe London 1985, deutsche Ausgabe Frankfurt am Main und Berlin 1985, Sonderausgabe Köln 2003.
Der Teppich von Bayeux gehört zum UNESCO Weltkulturerbe.